In jedem erwachsenen Menschen lebt das Kind, das er einmal war, innerlich weiter. Dabei hat jeder Mensch, je nach Veranlagung und Kindheitserfahrungen, unterschiedlich ausgeprägte „Innere Kindanteile“ in sich. Das Sonnenkind beinhaltet z.B. unsere positiven Prägungen und guten Emotionen wie Freude und Liebe mit einem intakten Selbstwertgefühl. In sogenannten Schattenkindanteilen sind unsere belastenden Emotionen gelagert, entstanden aus seelischen Schmerzen, Verletzungen und unbefriedigten Bedürfnissen in der Kindheit. Da wir die damit verbundenen starken negativen Gefühle in der Kindheit kaum aushalten konnten, haben wir diese mit verschiedenen Selbstschutzstrategien überdeckt, wie Rückzug, Perfektionsstreben oder Machtstreben, um nur einige zu nennen. Diese Schattenkindanteile unserer Psyche sind diejenigen, die uns nun im Erwachsenenleben immer wieder Probleme bereiten, vor allem weil die gelernten Schutzstrategien oftmals unbewusst und unreflektiert sind. Sie zeigen sich dann ungewollt in unseren engsten Beziehungen, auf Paarebene, auf Eltern-Kind-Ebene, oder als wiederkehrende Muster am Arbeitsplatz.
Die Auswirkungen des Inneren Kindes auf unser Leben sind immens. Ebenso wie die Auswirkungen, so sind auch die Ursachen bzw. die auslösenden Situationen für diese Verletzungen vielfältig. Meist ist es auch so, dass die eigenen Eltern ihr verletztes Inneres Kind am Sohn oder an der Tochter ausgelebt haben und somit die jeweiligen Probleme an ihren Nachwuchs weitergaben. Einige „Ursachen“ für die Verletzungen des Inneren Kindes sind:
Die Eltern
- waren lieblos, gaben auf das Kind wenig acht
- haben in den bedeutenden Situationen ihre Aufmerksamkeit und Anerkennung versagt
- haben sich nicht konstant verhalten, wodurch die Vertrauensbasis nicht geschaffen werden konnte
- haben das Kind ungerechtfertigterweise geschlagen, es vielleicht sogar missbraucht
- haben es vielleicht gar nicht haben wollen
- haben die Kreativität und Spontanität des Kindes unterdrückt
- haben es übermäßig gescholten und bestraft
- haben ihm seine Unzulänglichkeiten vorgeworfen
- und vieles mehr
Zudem kann es auch Situationen gegeben haben, in denen das Kind etwas empfunden hat, was gar nicht vorhanden war. Vielleicht fühlte es sich einsam und verlassen, obwohl dies faktisch gar nicht der Fall war. Entscheidend ist letztlich das Empfinden der Verletzung, denn dieses war für unser Inneres Kind Realität.
Die Auseinandersetzung mit den eigenen ‚Inneren-Kind-Anteilen‘ ist eine sehr tiefgreifende, berührende Arbeit, die viel Wohlwollen uns selbst gegenüber benötigt. Das Ziel ist es, sich wieder mit allen seinen Emotionen, auch und gerade mit den unangenehmen, zu verbinden. Dabei geht es darum, das Schattenkind zu trösten, damit es sich gesehen fühlt und beruhigen kann. Gleichzeitig entsteht dabei mehr Raum für die Sonnenkind-Anteile, deren Ausleben das Erwachsenen-Ich wundervoll ergänzen kann.
Die Heilung der ‚Inneren-Kind-Anteile‘ ist nur möglich durch Trauerarbeit. Es ist die Trauerarbeit, die wir damals, als wir verletzt wurden, nicht leisten konnten. Es geht dabei um einen ganzheitlichen Heilungsprozess, der schmerzvoll ist und Kraft kostet, an dessen Ende allerdings eine größere Freiheit, Kreativität und Lebendigkeit steht. Und es geht um Vergebung, denn auch unsere Eltern und unsere Umgebung waren letztlich nur Erfüllungsgehilfen für unsere Entwicklung. Wir selbst hatten Resonanz für diese Verletzungen, sie sind Teil unseres Lebensplans und unserer Lebensaufgaben. Unsere Aufgabe ist es jetzt, diese Verletzungen an uns zu heilen, mit dem Vorteil, dass wir unsere Verletzungen nicht an unsere eigenen Kinder, Partner oder sonstige Menschen weitergeben und immer mehr unser wahres Sein leben können.